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Kommentar von Antje Mayer

Hochsubventionierte Schiffreise

Das TB21-Projekt „Küba. Eine Reise gegen den Strom“ geriet teilweise peinlich

Mitleid auf Augenhöhe von Menschen „mit viel“ für Menschen„mit wenig“ muffelt immer ein bisschen. „Ich bin zutiefst betroffen, Kutlug Atamans Meisterwerk ‚Küba’ nicht wie geplant über die gesamte Strecke vom Schwarzen Meer bis nach Wien reisen lassen zu können. Ich mag einen Traum verloren haben, doch viele Tausende haben ihr Zuhause und ihre Lebensgrundlage verloren“, so die schwerreiche Kunstmäzenin Francesca von Habsburg, angesichts der jüngsten Hochwasserkatastrophe in Südosteuropa.
Wie entlarvend doch manchmal Pressemeldungen sein können. Man mochte die Highsociety-Lady, die vor drei Jahren die Stiftung Thyssen-Bornemisza Art Contemporary (TB21) für zeitgenössische Kunst mit Sitz in Wien gründete, am liebsten in die Arme nehmen, angesichts des unglaublichen Schicksals, das ihr zur Teil wurde.
Was hatte die Lady so „zutiefst betroffen“ gemacht? Ihr eigenes TB21-Projekt „Küba. Eine Reise gegen den Strom“, ein die Donau aufwärts reisendes Frachtschiff mit einer filmischen Installation des türkischen Künstlers Kutlug Ataman an Bord, konnte wegen des Hochwassers lediglich nicht -wie geplant- am 1. Mai 2006 von Constanta in Rumänien starten, sondern erst 12 Tage später von Rousse in Bulgarien. Das war passiert. Immerhin hat ihre Stiftung dann doch Kunst für die Hochwasseropfer versteigert, selbstredend medial bestens dokumentiert.
In Novi Sad, Vukovar, Budapest und Bratislava machte der Kunstransporter dann Halt, damit ortansässige Künstler jeweils mit eigenen Arbeiten auf „Küba“ reagieren konnten. Schließlich ankerte der Karren, mit am 21. Juni in Wien. Anschließend wurde die gleichnamige Ausstellung im Nestroyhof des Jüdischen Museum Wien eröffnet (bis 9. September 2006).
Medial war dieses Projekt bestens beworben und besprochen, da hat Francesca von Habsburg ihre gutes Netzwerk aktiviert, so gut, dass die kritischen Stimmen, die dieses Event begleiteten eher nur hinter vorgehaltener Hand geäußert wurden.
So wurde von Habsburgs Flutopferauftritt in der Szene nicht nur als peinlich empfunden, auch sahen es einige nicht ganz unproblematisch an, dass das Schiffkunstprojekt neben potenten Sponsoren mit noch zusätzlichen 240.000.- Euro Steuergeldern von österreichischen Bundeskanzleramt für Kunst unterstützt wurde, die Auftragsarbeiten der Künstler jedoch im Anschluss in den Besitz der Privatstiftung TB21 übergehen werden. Jene verfügt selbst ohnehin über großzügigste Mittel.
Es wurde zudem ruchbar, dass die Kuratoren über das übliche Maß hinaus auf die Arbeiten Einfluss nehmen wollten, nicht zuletzt, weil viele namhafte lokale Künstler, nicht zuletzt wegen der nicht klar erkennbaren inhaltlichen Stringenz „des bahnbrechenden Unterfangens“ (TB21), eigene Weg zu gehen versuchten oder sogar abgesagt hatten, so wie etwa der slowakische Künstler Roman Ondák, den das –nicht gerade neue- künstlerische Konzept schlichtweg „nicht interessierte“. Die jeweiligen Begleitveranstaltungen vor Ort waren dann angeblich auch eher spärlich besucht.
Dass man mit dem Donaufrachter „gleichzeitig die türkische Okkupation bis vor die Tore Wiens nachzeichnen wolle“, wie es in den ersten Presseausendungen hieß, war angesichts der EU-Bewerbung der Türkei eine weitere Peinlichkeit. Die wurde dann in den folgenden Presseaussendungen immerhin gestrichen.






Dieser Artikel ist im Informationsdienst Kunst Nr. 357 am 3.8.2006 erschienen.


www.tb21.org